Freitag, 29. April 2011

Klangtrance der Gnawa

In den letzten Tagen bin ich auf die Musiktradition der Gnawa Musiker aus Marokko aufmerksam geworden.
Die aus dem Westsudan stammende Bruderschaft, ist hier kaum bekannt. In den 60'er Jahren sind wohl Jimi Hendrix und Peter Gabriel nach Marokko gepilgert und haben sich von den Trance Rhythmen der Gnawa inspirieren lassen.
Die Musik zieht einen sofort in den Bann und man spürt hier eine alte Tradition einer ursprünglichen Klangtherapie.
Mit einer Trommel der "Tbal" und der Langhalslaute "Sintir" spielen sich die Musiker in Trance. Das Lila Ritual ist eine Trance Zeremonie mit Musik und ekstatischem Tanz das bis zu 12 Stunden dauern kann.
In der Hafenstadt Essaouira an der marokkanischen Atlantikküste findet jedes Jahr das Gnawa Musik Fesitival statt.
Für mich stellt diese Musik ein Beispiel dar, wie sehr Klänge und Rhythmen in einen Trancezustand führen können und somit die Selbstheilungskräfte aktiviert werden.
Auf youtube habe ich folgendes eindrucksvolles Video dazu gefunden:

http://www.youtube.com/watch?v=upQD6z_G3N4&feature=player_embedded

Dienstag, 26. April 2011

Raga Bhairava



Raga Bhairava gehört zu den bekanntesten Morgenragas und geht auf den tantrischen Shivakult zurück. Bhairava ist die furchterregende Form Shivas, der Kraft der Transformation. 
Im Sinne von Angst bedeutet der Name, dass Bhairava alle von Angst erfüllten Wesen befreit. „Bhairava ist derjenige, der durch seinen Glanz alles zum Tönen bringt, der alles schenkt und der das ganze Universum durchdringt“, so heißt es in der alten kaschmirischen Schrift Vijnana Bhairava Tantra (übersetzt von Bettina Bäumer). 

Die Tonleiter dieses Ragas besteht aus Grundton (Sa), kleiner Sekunde (komal Re), großer Terz ( Ga), Quarte (Ma), Quinte (Pa), kleiner Sexte (komal Dha) und großer Septime (Ni).

Raga Bhairava wird am frühen Morgen um die Zeit des Sonnenaufgangs herum als Lob- und Dankeslied an das zurückkehrende Licht gesungen oder gespielt. 

Der Raga wirkt reinigend wie ein Morgenbad und aktivierend wie die Morgensonne, vertreibt so die Dumpfheit und Trägheit des Morgens und wird deshalb den meisten Schülern indischer Musik schon zu Beginn des Studiums empfohlen. 
Wie die Morgenröte kündet der Raga einen Neubeginn an - Bhairava ist ein Weckruf: 
Heraus aus alten Konditionierungen und festgefahrenen Egostrukturen! 
So aktiviert Bhairava die Lebensenergie und bringt sie wieder zum Fließen. 
Bhairava ist aber auch wie ein Ruf nach Hilfe und Gnade, ein sich anvertrauen an den allesdurchdringenden Lebensstrom, eine Rückbesinnung auf die Quelle allen Seins.

Raga Bhairava gibt mir immer wieder Mut und Kraft für Veränderungen, stärkt das Selbstvertrauen und nimmt mir all die kleinlichen Ängste und Sorgen des Alltags. 

Er weckt in mir die Erinnerung an den göttlichen Ursprung, löst das Gefühl der Getrenntheit und führt durch die Hingabe an das Numinose, jenseits aller Konzepte und Vorstellungen, zu einer Einheitserfahrung. 
Gerade in unserer Zeit des Wandels gibt mir dieser Raga Hoffnung und ein Gefühl des Getragenseins. 
Hier ein paar Beispiele zur weiteren Vertiefung:

Dhrupad Gesang mit Uday Bhawalkar: 

http://www.youtube.com/watch?v=zFR8_DH-YU4&feature=player_embedded#at=13

Khyal Gesang mit Pandit Jasraj

http://www.youtube.com/watch?v=CeT1H80tfP0

Thumri Gesang mit Bhimsen Joshi

http://www.youtube.com/watch?v=7IUvV2wtLqQ&feature=fvsr

Bhajan Gesang mit Shobha Gurtu
http://www.youtube.com/watch?v=jLZ5Zs9fFJQ&feature=player_embedded

Instrumental auf der Rudra Veena mit Hindraj Divekar

http://www.esnips.com/doc/eba7cb86-17f1-46fe-a483-6d3c1caa9856/Raag-Bhairav-%28Dhrupad%29;-Hindraj-Divekar-on-Rudra-Veena

Friedrich Glorian mit einem Beitrag zu Raga Bhairava in
Indische Ragas - Inhalt und Struktur:
http://www.harmonik.de/harmonik/vtr_pdf/Beitraege9403Glorian.pdf

Weitere Infos und Videos


http://chandrakantha.com/raga_raag/bhairav/bhairav.html

Dienstag, 12. April 2011

Klang & Stille









Jeder Klang kommt aus der Stille
und
führt zur Stille zurück

Die Melodie des Alltags
Kommt zur Ruhe
Sitzen 
in der Natur
dem prasselnden Regen
lauschend
Auf der Welle des Klangs
Ins Zentrum des Herzens getragen
Alle berufliche Geschäftigkeit darf schweigen

Montag, 11. April 2011

Raga Malkauns

Der pentatonische Mitternachts-Raga Malkauns ist für mich wie eine nächtliche Liebeserklärung.

Er wird oft auch Malkosh genannt - darin steckt das Wort "Kaushika", das man mit "Leidenschaft" übersetzen kann.

Die „Klangformel“ besteht aus Grundton (Sa), kleiner Terz (komal Ga), Quarte (Ma), kleiner Sexte (komal Dha) und kleiner Septime (komal Ni).
In der südindischen karnatischen Musik heißt diese Tonskala Raga Hindolam.

Die Ragamala Miniatur-Malerei stellt Malkauns häufig als adeligen Herrn dar, der berauschende Betelnuss genießt, von Dienerinnen umgeben ist und manchmal auch ein Saiteninstrument in der Hand hält. Mitunter wird Malkauns aber auch als meditierender Yogi oder als leidenschaftlicher Liebhaber gezeigt.

Das Fehlen der Quinte und der Sekunde gibt diesem Raga einen sehr besinnlichen und kontemplativen Charakter.
Komal Ga drückt hier für mich die Leidenschaft aus.
Die Quarte Ma ist der Ruhepol, leicht berauscht, kontemplativ.
Komal Dha ruft die Dunkelheit hervor, die Mystik der Nacht und Komal Ni das Sinnliche.
Der Raga erzeugt eine innere dienende Haltung und öffnet mir immer wieder die Herzenstüre.

Malkauns ist wie ein Dankgebet, kraftvoll und in sich ruhend.
Wenn ich diesen Raga höre, kommen sehr leicht alle Gedanken zur Ruhe.
Malkauns wirkt für mich entspannend und trancefördernd.
Diese ausgleichende und harmonisierende Wirkung schätze ich sehr nach einem geschäftigen Tag.
Malkauns hat für mich auch etwas Mächtiges, Ehrfürchtiges und Würdevolles.
Es spiegelt sich hier die Hingabe und die bedingungslose Liebe an einen Meister wider.

Dies wird sehr schön in dem alten indischen Film 'Baiju Bawra' deutlich.
Im Moment der Rückkehr des Sänger Baiju zu seinem Musik-Meister Swami Haridas nach langer Trennung ist der legendäre Playback-Sänger Mohamed Rafi mit Raga Malkauns zu hören:
http://www.youtube.com/watch?v=XJCqDLLdKHY

* Lyrisch und herzergreifend die Interpretation von Sitarist Nikhil Banerjee:
http://www.youtube.com/watch?v=Fa7-6eRAMqc

* Würdevoll und voller Anmut Khyal-Sänger Amir Khan:
http://www.youtube.com/watch?v=USlR0kLUeaY

* Sinnlich und leidenschaftlich Sultan Khan und Manju Mehta, Sarangi und Sitar, im Jugalbandi:
http://www.youtube.com/watch?v=xnW3SW3Rl-g

* Meditativ und in sich ruhend der Dhrupad-Sänger Rahim Fahimuddin Dagar:
http://www.esnips.com/doc/5e9346d3-62b8-466d-93f0-de59695e25f7/Raag...
* Weitere Infos und Videos:
http://chandrakantha.com/raga_raag/malkauns/malkosh.html

Sonntag, 10. April 2011

Frühlings - Farben - Schwingung



Mein Körperinstrument wieder stimmen
Frei tönen in Resonanz mit der Frühlingssonne
Die Natur der Wald
Die Vögel der Wind
Die Sonne der weite Himmel
Bringen mich wieder in Einklang

Mit jedem Augenblick
wächst das Vertrauen in die Ewigkeit
Einfach nur stille Bewunderung
der vibrierenden Kirschblüte

Der Wind singt
In zartem Blütenweiß
Umschmeichelt die Nase mit süßem Honigduft

Weißer Blütenregen
Wandel und Vergänglichkeit
Alles ständig in Bewegung
Das ewige Tönen der Natur

Samstag, 9. April 2011

Aphorismen


Die alten indischen Ragas sind für mich Schlüssel
Um die inneren Klangräume zu öffnen.
Die Raga die Klangformel
Ist die Zauberformel
Um den Berg der Emotionen
Um dieses verborgene „Höhlensystem“ zu öffnen.

Die Raga baut ein energetisches Klangfeld auf.
Diese Klangenergie ist Nahrung für die Seele
Und nährt – ehrt das ewige Vibrieren
Im Inneren und Äußerem

Jeder Ton ist kristallisierte reine Schwingung.
Mit liebevoller Achtsamkeit jeden Ton verehren, umschmeicheln
Sich dem einzelnen Ton schenken
Sich im Ton vergessen

Jeder Ton kommt aus der Stille
Und führt zur Stille zurück

Jeder Ton ein wonnevolles Erschauern
Geschärfte Sinnlichkeit
Von der Lebensenergie auf neue Weise lustvoll berührt

Freitag, 8. April 2011

Indische Klangwelten

Immer wieder habe ich mir die Frage gestellt warum gerade die nordindischen Ragas so eine tiefe Wirkung auf mich haben. Das Wort Raga wird oft mit Leidenschaft oder Emotion übersetzt. "Das was den Geist färbt"
so wie es der bekannte Sitar Meister Ravi Shankar ausdrückt. Ragas sind Klangstrukturen die je nach Tages - oder Jahreszeiten eingesetzt werden.
In der indischen Musik findet man Modalität, d.h. einen Zentralton, von dem einstimmige Skalen (Raga) ausgehen, also bestimmte Folgen von Intervallen (auch Mikrointervalle), denen auch bestimmte psychische Wirkungen zugeordnet werden
Modale einstimmige Musik, wie die der Gregorianik oder der indischen Musik war immer mit Spiritualität verbunden.
Musik öffnet Wege zur Spiritualität (z.B. Nada Yoga) und diese sind eng verknüpft mit Heilung, Heilwerden, Ganz-und Gesund-sein.
Gerade die Einfachheit der sogenannten modalen einstimmigen Musik bringt den Geist zur Ruhe und trotz anfänglicher Fremdheit wird der Hörer von ihr ergriffen.
Durch ihre entspannende und zentrierende Wirkung, wird deshalb einstimmige Musik in der Musiktherapie immer wieder eingesetzt.
Die klangtherapeutische Wirkung der Ragas auf die Psyche wird jedoch leider oft von indischen Lehrern mystifiziert und verschleiert. Es ist schwer einen geeigneten Nada Yoga Lehrer zu finden, da eine ganze hinduistische Tradition damit verbunden ist, die eigentlich nur Hindus oder Familien Angehörige einer Gharana weitergegeben wird.
Letztlich haben mich aber meine Lehrer  soweit gebracht, dass ich mich mit einer Karte in der Hand selber in den Dschungel der indischen Klangwelt hinein trauen konnte.
Es kann dir eigentlich ja auch keiner die Wirkung der Töne oder Ragas wirklich vermitteln. Es ist eine reine Selbsterfahrung.
Inspiriert durch Manfred Junius und andere Meister entdeckte ich, dass Intervalle und Ragas tatsächlich eine allgemein gleich erlebte Emotion hervorrufen.
Wie sagte mein Guruji oft: "In einer Raga hast du 5 oder 7 verschiedene Gewürze. Mit der Erfahrung weiß ein Koch ohne ins Rezeptbuch zu schauen, wie das Essen dann schmecken wird."
Rudolf Haase spricht in der harmonikalen Forschung von dem "disponierten Gehör" d.h. Intervalle entsprechen harmonikalen Gesetzen und Proportionen die auch in der Natur vorkommen und die im menschlichen Gehirn festgelegt sind. Gerade die grundtonzentrierte Musik macht Intervalle deutlich erlebbar.
Für mich haben sich die Inder ein altes Wissen über die Wirkung der Töne und Skalen erhalten, was aber letztendlich nicht indisch ist, sondern sich auf universelle harmonikale Gesetze beruft.
Eine Raga ist so gesehen für mich eine Klangformel die eine ganz spezifische emotionale Energie wach ruft und diese Energie zu ihrer Quelle, die reine unaussagbare Liebe ist, zurückführt. Dann sind wir im wahrsten Sinne wieder im "Ein Klang".
Raus aus der Dualität- zwischen Annehmen und Verwerfen, Freude und Leid - ruhend in der wahren Wesensnatur.
Und das ist ja eigentlich die wahre Bedeutung von Yoga wie es bei Patanjali heißt:
" Yoga ist jener innerer Zustand, in dem die seelisch-geistigen Vorgänge zur Ruhe kommen".
Wenn also alle verselbstständigten und nicht verarbeiteten Emotionen und Gedanken auf diese Weise durch die Raga jeweils wach gerufen werden, "fängt der Klang (bzw. der Grundton) wie mit einem Lasso diese Energie ein und führt das wilde Pferd heim in den Stall", wie es freiübersetzt im Hatha Yoga Pradipika heißt.
Dieses Gefühl von endlich "zu Hause sein", "in der Mitte sein", "endlich bei sich ankommen", dieser Prozess wird als Heilung - als Heilsein und Einssein erfahren.
Das ist es was mich immer wieder an indischer Musik, besonders an Dhrupad berührt.

Donnerstag, 7. April 2011

Klangarbeit mit Ragas

Seit über 20 Jahren versuche ich nun, das Phänomen der indischen Ragas zu ergründen. Mein Wunsch ist es mit diesem Blog meine Erfahrungen zu teilen. Immer wieder habe ich Pandits und Ustads mit meiner Frage gelöchert, welche Wirkung der eine oder andere Raga denn nun habe und ob sich Ragas als klangtherapeutisches Mittel einsetzen lassen. Die Antworten waren so unterschiedlich, dass ich mich gezwungen sah, selber in die Welt der Ragas hineinzulauschen und ihnen „auf den Zahn zu fühlen“. So fand ich in ihnen die Stimmungen der Tages- und Jahreszeiten wieder, aber auch starke Gefühlsbewegungen und die Sehnsucht nach einer Einheitserfahrung. Klar wurde, dass die Ragas für mich zwar immer wieder eine ähnliche Wirkung haben, doch wird diese letztendlich sehr individuell wahrgenommen. Deshalb lässt sich auch keine allgemeine „Raga – Hausapotheke“ erstellen. In der Reihe "Klangarbeit mit Ragas" werden vielmehr ganz persönliche Erfahrungsberichte vorgestellt, die zu eigenem Ausprobieren, Erleben und Erforschen anregen sollen. Die erste Folge behandelt Raga Bhupali.

Das Wort Bhupali kann man mit „Mutter Erde“ übersetzen. Raga Bhupali verwendet eine pentatonische Tonleiter mit Grundton (Sa), großer Sekunde (shuddha Re), großer Terz (shuddha Ga), Quinte (Pa) und großer Sexte (shuddha Dha). In der südindischen karnatischen Musik heißt diese Tonskala Raga Mohanam. Es dürfte sich um eine sehr alte Skala handeln, die in verschiedensten Kulturen überall auf der Welt verwendet wird.

Für mich persönlich erzeugt die Pentatonik dieses Ragas und das Fehlen der Quarte (Ma) und der Septime (Ni) ein Gefühl von Stabilität, Ordnung und Leichtigkeit. Die große Terz als Hauptton (Ga-Vadi) steht hier im Fokus und stärkt durch ihre Charakteristik das Selbstvertrauen und das Selbstbewusstsein. Die seelische Nachreifung wird angeregt, eine Aussöhnung mit dem inneren Kind kann stattfinden. Bhupali hilft mir bei depressiven Verstimmungen und unterstützt mich, wieder eine positive Lebenseinstellung zu finden. Der Raga gibt mir Trost und wirkt besänftigend. Die Klangstruktur des Ragas wirkt für mich verspielt und fröhlich. Sie hat etwas Naives, Unschuldiges und Beschwingendes an sich. Nach dem Spielen oder Hören von Bhupali fühle ich mich oft leicht und unbeschwert. Es ist, als würde ein gütiger Vater zu seinem Kind sprechen. Raga Bhupali vermittelt mir immer wieder ein Gefühl von Schutz und liebevoller Autorität, erfüllt mich mit Mut und Kraft und hilft mir auf eigenen Beinen zu stehen.

Anhand meiner Interpretation von Raga Bhupali möchte ich dazu ermutigen, sich selber auf den Weg zu machen, diesen Raga zu erfühlen und zu erhören. Dazu empfehle ich folgende Links:

Sayeduddin Dagar, Dhrupad Gesang:
http://www.youtube.com/watch?v=HQSiPHLtKDY

Arvind Parikh, Sitar:
http://www.youtube.com/watch?v=x8TA0hU1ZsY

Hariprasad Chaurasia, Bansuri Flöte:
http://www.youtube.com/watch?v=zqLxvZ2d4nc

Gangubai Hanga, Khyal Gesang :
http://www.esnips.com/doc/132023ec-5113-48da-9d8b-c7d02bdb64b1/Gang...

Weitere Infos unter:
http://chandrakantha.com/raga_raag/bhoopali/bhupali.html