Dienstag, 21. Juni 2011

Raga Yaman


Raga Yaman (oder Iman) ist vielleicht der bekannteste nordindische Raga. Sein Ursprung ist nicht wirklich geklärt. Manche vermuten, dass der Raga aus Persien kam. Andere sehen einen vedischen Ursprung und behaupten, dass die Tonleiter früher Raga Yamuna hieß. Die Klangstruktur von Raga Yaman basiert auf der Tonika (Sa), großen Sekund (shuddha Re), großen Terz (shuddha Ga), Tritonus / erhöhten Quarte (tivra Ma), Quinte (Pa), großen Sexte (shuddha Dha) und großen Septime (shuddha Ni). Man findet diese Tonleiter als lydischen Modus auch in der griechischen Musik.

Mit Raga Yaman beginnt oft die klassische indische Musik-Ausbildung, denn Yaman wird als Schlüssel für alle anderen Ragas angesehen. Musikpsychologisch gesehen schafft er die Voraussetzung, dass der eigentliche Gehalt der indischen Musik von Herz zu Herz weitergegeben werden kann, indem er das Herz öffnet und reinigt und eine Sehnsucht erzeugt, tiefer in das Mysterium der Musik einzudringen. Für mich ist Raga Yaman wie ein Minnegesang, ein Werben um die unerreichbare Dame. Diese unerfüllte Liebe, wie sie sich in der indischen Liebesmystik der Bhakti oder auch im Sufismus wiederfindet, wird hier besungen. In vielen Sufigedichten wird dafür das Bild des Falters verwendet, der nicht anders kann als in die Flamme zu fliegen und zu verbrennen. Dieses „Entwerden“, dieser egolose Zustand wird in Raga Yaman musikalisch hervorgerufen. Der Musiker will sich damit verschenken, sich in Demut und Bescheidenheit ganz der Liebe zum Numinosen hingeben und aufopfern.

Raga Yaman macht mich immer wieder sensibel und feinfühlig. Gerade die erhöhte Quarte macht mir ungelösten Ärger, Enttäuschung und Verletzungen bewusst. Die große Septime und auch die große Terz stehen stark im Vordergrund und entfachen das Feuer der Sehnsucht. Yaman ist wie ein unlösbares Koan, eine offene Frage, eine endlose Suche nach dem Sinn des Lebens.

Die folgenden Videoclips möchten zur Vertiefung anregen:
Zia Mohiuddin Dagar auf der Rudra Veena
Amjad Ali Khan erläutert den Raga mit der Sarod und seiner Stimme
Auf Sitar und Bansuri: Purbayan Chatterjee und Rakesh Chaurasia
Khyal Gesang mit Kishori Amonkar
Khyal Gesang mit Bhimsen Joshi
Dhrpad Gesang mit Uday Bhawalkar


Montag, 20. Juni 2011

Klangmassage mit der Klangliege




Die Klangliege geht auf den antiken Musikwissenschaftler Pythagoras zurück. Die Klangstruktur ist von dem indischen Viersaiter der "Tanpura" inspiriert worden. Joachim Marz, Hans Peter Klein, und Jan Dosch  haben etwa zeitgleich das Monochord sowie die Klangliege vor etwa 35 Jahren entwickelt. Die Klangliege mit der ich arbeite, ist von Christof Linhuber gebaut worden. Das Instrument hat 47 Saiten und ist auf drei Oktaven gestimmt. In der Mitte erklingt die heilende Quinte als ordnendes Intervall. Der obertonreiche Klang der Saiten überträgt sich auf den Resonanzboden und erzeugt eine sanfte Klangvibration die zu einer tiefen vibroakustischen Erfahrung führt.
Die Klangvibrationen bewirken eine tief ins Körperinnere reichende Micromassage. Die Klangmassage unterstütze ich gerne mit meiner Stimme und dem indischen Dhrupad Gesang. Tonskalen (Ragas) der indischen Musiktradition haben eine harmonisierende Wirkung auf Körper, Geist und Seele.
Jede Raga spricht ein bestimmtes emotionales Thema an und wirkt hier lösend und klärend.
Die Klangmassage mit der Klangliege oder dem Körpermonochord trägt dazu bei, dass sich psychosomatische Verspannungen lösen können. Die monochromen Klänge führen sehr leicht zu einer Tiefenentspannung und regenerieren unser ganzes Körpersystem. Heute spricht man auch von dem sogenannten "power-nap". Dieser Kurzschlaf oder wie ich es nenne "Heilschlaf" führt zu einer Ausgeglichenheit und erhöht unsere Leistungsfähigkeit.
Unseren Computer können wir leicht runterfahren, aber bei unserem "Hirncomputer" fehlen uns oft die Mittel. Die Klangmassage mit der Klangliege ist eine von vielen alternativen Möglichkeiten, um wieder zur Ruhe und Balance zu finden.   

 

Donnerstag, 16. Juni 2011

Indische Musiktherapie



Die klangtherapeutische Wirkung der indischen Musik auf die Psyche wird leider oft von indischen Lehrern mystifiziert und verschleiert. Es ist schwer einen geeigneten Lehrer zu finden, die Forschungen stehen hier noch ganz am Anfang, obwohl es sich um eine jahrtausend alte Tradition handelt.
Letztendlich kann einem keiner die Wirkung der Töne oder Ragas wirklich vermitteln. Es ist eine reine Selbsterfahrung.
Inspiriert durch Manfred Junius und Vemu Mukunda entdeckte ich, dass Intervalle und Ragas auf mich immer wieder ähnliche Bilder und Emotionen hervorriefen.
Wie sagte mein Lehrer Professor Nagar oft: "Die Swaras (Töne) sind wie verschiedene Gewürze. In einer Raga hast du 5 oder 7 verschiedene Gewürze. Mit der Erfahrung weiß ein Koch ohne ins Rezeptbuch zu schauen, wie das Essen dann schmecken wird."
Rudolf Haase spricht in der harmonikalen Forschung von dem "disponierten Gehör" d.h. Intervalle entsprechen harmonikalen Gesetzen und Proportionen die auch in der Natur vorkommen und die im menschlichen Gehirn festgelegt sind. Gerade die grundtonzentrierte Musik macht Intervalle deutlich erlebbar.
Für mich haben sich die Inder ein altes Wissen über die Wirkung der Töne und Skalen erhalten, was aber letztendlich nicht indisch ist, sondern sich auf universelle harmonikale Gesetze beruft.
Eine Raga ist so gesehen für mich eine Klangformel die eine ganz spezifische emotionale Energie wach ruft und diese Energie zu ihrer Quelle, die reine unaussagbare Liebe ist, zurückführt. Dann sind wir im wahrsten Sinne wieder im "Ein Klang". 

Indische Musik ist sehr obertonreich. Diese feinen hohen Frequenzen energetisieren nachweislich die Hirnrinde des Menschen. EEG Tests haben gezeigt wie grundtonzentrierte Musik die Gehirnwellenmuster verändern können.
So lässt sich indische Musik durchaus auch im Förderschulbereich einsetzen. In der klangtherapeutischen Arbeit mit körperbehinderten Menschen wirkt indische Musik Tonus regulierend und führt zur einer Reduktion der Spastiken. Besonders der von Lillie Nielsen enwickelte Resonanzboden ermöglicht eine vibroakustische Klangerfahrung.
Der grundtonzentrierte Klang, der den Ragas zugrunde liegt, wirkt auf den Geist des Hörenden mit der Zeit beruhigend, sammelnd und ordnend. 
Entscheidend ist hier die Live Musik, denn nur dort entsteht der echte Dialog mit dem Zuhörer, mit dem Raum und mit der Musik, die durch den Musiker hindurchfließt. 
Aktuelle Forschungen zu diesem Gebiet hat Dr. Sairam begonnen.
Unter folgendem Link finden sich ein paar interessante musiktherapeutische Ansätze:
http://www.nada.in./